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Die Mobbingproblematik in Schulklassen

Dorothea Steinlechner-Oberläuter
(Infoblatt 2010)

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Was ist Mobbing?

Missverständnisse, Konflikte, Kränkungen sind unvermeidlich in zwischenmenschlichen Beziehungen und gehören zum Leben.
Mobbing ist im Gegensatz dazu ein systematischer, zielgerichteter, über einen längeren Zeitraum andauernder Machtmissbrauch gegen Einzelne in Schulklassen:

  • mit einer destruktiven hierarchischen Struktur unter Schülerinnen und Schülern,

  • mit einem stillschweigenden Übereinkommen über Werte und Normen, die zum Gaudium aller Anwesenden das Drangsalieren, Erniedrigen und Ausgrenzen Schwächerer in den Vordergrund stellen,

  • begleitet von fehlenden bzw. nicht eingeforderten Verhaltensregeln für die Schüler/innen,

  • und einem meist geringen bis zögerlichen Eingreifen durch Erwachsene.

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Zwischen Konflikten und Mobbing gibt es jedoch fließende Grenzen, wenn Konflikte ignoriert oder nicht konstruktiv gelöst werden und somit als verdeckte Konflikte bestehen bleiben.

Bei Mobbing geht es gegenüber dem Opfer um Gehässigkeiten, Verbreitung von Gerüchten, Verleumdung, Spott und Hohn, Demütigung, Ausgrenzung, Isolierung, Beschädigung von Eigentum, Androhung von Gewalt, Misshandlungen, Erpressung..., wobei die Gründe dafür im Dunkeln bleiben und die Lust der Täter/innen am Machtmissbrauch im Vordergrund steht.

Mobbing richtet sich gegen die Würde des Menschen und ist ein Angriff auf die sozialen Beziehungen, das soziale Ansehen, die Lebenssituation und die Gesundheit einer Person – und damit ein ernstes Problem wegen der Folgen für das Opfer, aber auch für die Mobber/innen.

Mobbing ist ein Gruppenphänomen, das die gesamte Klasse betrifft und durch das die Unterrichtsqualität, das Klassenklima und die Lernfähigkeit aller Schüler/innen gravierend beeinträchtigt werden.

Mobbing beginnt meist harmlos. Der Verlauf ist schleichend und ereignet sich oft hinter dem Rücken der Lehrkraft, außerhalb des Unterrichts, in den Pausen, am Schulweg...
Mobbing wird zum lang andauernden Psychoterror, wenn die Täter/innen keine Rückmeldung über ihr Tun bekommen und nicht rechtzeitig gestoppt werden.

Maßnahmen gegen Mobbing in Schulklassen

Mobbing ist für eine Klasse ohne Unterstützung durch Lehrer/innen und Eltern nicht zu bewältigen.
Drei Ablaufschritte, die nicht umkehrbar sind, müssen bei der Bearbeitung der Mobbingproblematik beachtet werden:
Hinschauen – Handeln – Helfen.

Wenn Mobbing aufhören soll, müssen Lehrer/innen deshalb klar Standpunkt beziehen.
Der erste Schritt, um dem Mobbing entgegenzutreten, ist, das Schweigen um die Vorfälle zu beenden und der stillschweigenden Duldung der Übergriffe nachdrücklich entgegenzutreten.

Mobbingvorwürfe müssen konsequent aufgeklärt werden.
Lehrer/innen müssen Opfer schützen und unterstützen und Täter zur Rede stellen und aktiv in die Lösung mit einbeziehen.
Dafür gibt es mehrere praxiserprobte Vorgehensweisen (z. B. die „Farsta-Methode“, der „no-blame-approach“).

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Auch die Schüler/innen der betroffenen Klasse brauchen Aufklärung und Information. Sie müssen wissen:

  • was Mobbing ist,

  • dass achtlos überhörte Feindseligkeiten schon der Beginn sind,

  • dass Mobbing eine gruppendynamische Dimension hat,

  • dass es keine Unbeteiligten gibt, sondern Betreiber, Helfer, Möglichmacher,

  • dass die Möglichmacher den größten gruppendynamischen Anteil haben.

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Fünf Bausteine der Prävention

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1. Positives Klima in Schule und Klasse

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Eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung ermöglicht in der Regel ein gutes Verhältnis der SchülerInnen untereinander.
Es geht um Wertschätzung, Interesse, Anerkennung, Verständnis und Wohlwollen, um ein offenes Gesprächsklima und einen angemessenen Kommunikationsstil im Alltag.

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Wichtig sind auch:

  • Konfliktmanagement in der Schule,

  • Mitbestimmungsmöglichkeiten für Schüler,

  • adäquate Leistungsanforderungen

  • sowie ausreichend Bewegungsangebote.

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Beispiele:

  • Gesprächskreise (Klassenrat, Klassenvorstandsstunde etc.)

  • Schulwappen, Klassenmaskottchen, gemeinsames Gestalten des Klassenraums

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2. Selbstwertgefühl

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Ein starkes Selbstwertgefühl ist eine gute Voraussetzung, um mit Schikanen und Ausgrenzung umzugehen, sie zu durchschauen und handlungsfähig zu bleiben.

Strategien:

  • Schüler mit Namen ansprechen

  • Verantwortung übertragen

  • Positive Aspekte betonen

  • Kreativität fördern

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3. Soziale Kompetenz

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Dazu gehören:

  • Gefühle ausdrücken können

  • Einfühlungsvermögen

  • Selbstbehauptung

  • Toleranz

  • Konfliktfähigkeit

  • Konstruktives Verhalten

  • Ressourcen zur Bedrohungsverarbeitung

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Beispielhafte Reflexion:

Ein großer Junge verprügelt einen kleineren.
„Was soll das?“, fragt ein Lehrer.
„Das war doch nur Spaß“, sagt der Große.
Der kleinere nickt stumm.

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4. Regeln – Rechte und Verantwortung

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Rechte bedingen Verantwortung.
Ein Schüler hat z. B. das Recht, seine Sachen unversehrt zu finden – und die Verantwortung, fremdes Eigentum zu respektieren.

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Gemeinsam erarbeitete Klassenregeln zu Schulbeginn sind zentrale Präventionsmaßnahmen. Wichtig ist:

  • Klare Beschreibung der Regel

  • Vorgehen bei Problemen

  • Konsequenzen bei Nichteinhaltung

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5. Information über Mobbing

 

Kinder sollen einerseits Wissen über Mobbing und seine Auswirkungen erhalten,
andererseits sollen sie sich in die Rollen hineinversetzen und Handlungen verstehen können.
Darauf aufbauend können hilfreiche Verhaltensweisen gemeinsam erarbeitet werden.

(Dorothea Steinlechner-Oberläuter und Gabriele Grabner-Hausmann)

Unterstützungsangebote

Die „Drehscheibe Gewaltprävention“ des LSR für Salzburg ist erste Anlaufstelle für die Planung schulinterner Maßnahmen zur Gewaltprävention.

Die Salzburger SchulpsychologInnen beraten Eltern, Lehrkräfte und Schulleiter/innen bezüglich Interventionsstrategien in konkreten Mobbing-Situationen:
👉 www.landesschulrat.salzburg.at/service/kontakt-schulpsychologie.htm

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft (KiJA) berät Kinder und Jugendliche in Mobbing-Situationen:
📞 Tel.: 0662 / 430550
📠 Fax: 0662 / 430550 – 3010
📧 Mail: kija@salzburg.gv.at

Information und Material für Schulklassen zum Thema Mobbing (8–12 Jahre) gibt es:

  • im Kinderrechtskoffer der KiJA (wurde an alle Volksschulen ausgeteilt)

  • und digital bei Marion Wirthmiller (KiJA Salzburg)

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